Lernen endet nicht an den Mauern des Klassenzimmers – im Gegenteil, es passiert immer und überall. Es sind vor allem die Erfahrungen, die wir außerhalb des Klassenzimmers machen, die uns weiterbringen. Außerschulische Lernorte, unerwartete Begegnungen und neue Herausforderungen spielen eine entscheidende Rolle in unserem Bildungsweg. Im Rahmen der Blogparade von Sabine Landua möchte ich meine persönlichen Erfahrungen teilen, die ich während meiner Schulzeit gemacht habe und die mir gezeigt haben, wie wertvoll und prägend Lernen abseits des klassischen Schulalltags sein kann.
Schon damals wurde mir bewusst, wie subjektiv Noten sein können und dass man durch die richtige Motivation alles erreichen kann. Als Lerntherapeutin weiß ich heute, wie wertvoll das Lernen in Bewegung ist. Die wahre Magie des Lernens entfaltet sich oft dort, wo wir es am wenigsten erwarten – außerhalb der gewohnten vier Wände und außerhalb vom Klassenzimmer. Es ist immer wieder faszinierend welche Rolle außerschulische Lernorte spielen können.
Schulfrust und die Erkenntnis: Es liegt nicht an mir!
Meine Schulkarriere war geprägt von extrem guten und auch ziemlich schlechten Noten. Viele Jahre lang war ich Klassenbeste. Danach folgte ein Auf und Ab und in Klasse 11 wäre ich fast einmal sitzengeblieben. Zumindest sah mein Halbjahreszeugnis komplett danach aus, lauter 4er (viele davon mit einem dicken minus) und eine 5 in Geschichte.
In diesem Fach dümpelte ich jahrelang auf einer 4 herum. Selbst als ich 2er in den Arbeiten schrieb, mündlich mich ehrlich anstrengte und freiwillige Referate hielt, die auch gut bis befriedigend bewertet wurden) bekam ich immer noch die 4 auf dem Zeugnis. Im Gespräch mit meinem Geschichtslehrer bekam ich deutlich zu spüren, dass er die Noten in der Hand habe. „Du hast doch schon die letzten 2 Jahre immer eine 4 gehabt, warum sollte ich dir jetzt eine andere Note geben“.
Das Gefühl der Hilflosigkeit wuchs. Doch dann wurde mir klar: Es liegt nicht an mir. Ob ich gute oder schlechte Noten bekam, hing nicht nur von meinen Fähigkeiten ab, sondern von einem System, das oft unfair und extrem subjektiv ist.
Schulwechsel mit Hürden
Ich wusste nur eines, ich wollte die Schule wechseln, was gar nicht so leicht bei meiner Fremdsprachenkombination war (Latein, Spanisch, Englisch). Es war ein langer Weg (mühsame Antragsstellung, Vorsprechen beim Schulamt im Rathaus Schöneberg (ich wohnte in einem ganz anderen Bezirk) und hatte wirklich Respekt vor diesem Termin, wo ich meine Schulwechselmotivation darlegen musste.
Als es dann klappte, war ich happy. Für mich war das ein Neustart und ein halbes Jahr später war nicht nur meine Geschichtsnote auf einmal bei einer 2, sondern ich hatte mich in fast allen Fächern um mindestens eine Note verbessert. Andere Schule, anderer Lehrer und komplett andere Noten. Ich war zu diesem Zeitpunkt 17 Jahre alt und habe für mich gelernt, du kannst alles schaffen, wenn du im richtigen Umfeld bist und es liegt nicht immer an dir, ob da eine gute oder weniger gute Note auf dem Zeugnis steht.
Kennst du das Pinguin Prinzip von Ekart von Hirschhausen? Das traf sehr gut auf meine damalige Situation zu.
Motivation als Schlüssel: Wie ich in zwei Wochen sechs Monate Französisch nachholte
Nach dem Schulwechsel musste ich den Stoff von sechs Monaten Französischunterricht aufholen, den alle anderen in der 11. Klasse bereits gelernt hatten – während ich an meiner alten Schule noch Spanisch lernte. Mir blieben genau zwei Wochen in den Berliner Ferien, um mir die Grundlagen selbst beizubringen. In dieser Zeit wurde mir klar, wie schnell man mit der richtigen Motivation eine Sprache lernen kann. Wenn man genau weiß, wofür man lernt, macht das einen enormen Unterschied und zeigt, wie wichtig es ist, ein klares Ziel vor Augen zu haben.
Alles, was ich damals hatte (Internet gab es noch nicht oder YouTube Videos) war das Französischbuch der Schule und eine Kassette. Die Französischlieder kann ich heute noch auswendig 🙂 und die Kassette habe ich immer noch.
Mein Schreibtisch, meine Terrasse und andere außerschulische Lernorte waren über 2 Wochen mein Begleiter und ich lernte jeden Tag mehrere Stunden.
Was aber unbedingt erwähnt werden muss, ich hatte die beste Französischlehrerin der Welt. Als ich nach den Ferien mit meinem „Halbwissen“ neu in die Schule und damit in ihren Französischunterricht kam, hat sie mich beim Fremdsprachenlernen bestärkt. Sie hat mich immer wieder sehr freundlich darauf hingewiesen, als ich die Französisch und Spanischvokabeln durcheinander würfelte und mir Tipps für Lernen gegeben. Die erste Klassenarbeit war tatsächlich eine 2- und von da an, wurde ich immer besser und schnitt im Abi mit einer 1 ab (14 Punkte).
Lernen fürs Leben: Durch Sport, Freundschaften und Reisen
Das eigentliche Lerne begann ganz oft außerhalb der Schule. Besonders durch meinen Sport (Judo, Schwimmen, Leichtathletik) habe ich gelernt, was echte Teamarbeit, Durchhaltevermögen und Selbstdisziplin bedeuten. Noch heute bin ich mit zwei wunderbaren Menschen aus meinem Judo-Verein befreundet. Diese Erfahrungen haben mein Leben bereichert, weit mehr als es der Unterricht je konnte.
Das gleiche gilt fürs Reisen. Mit 6 Jahren war ich alleine in Schweden, das hat mich geprägt und mir aufgezeigt, dass es nicht viele Worte benötigt (ich konnte kein Wort schwedisch), um in Kontakt mit anderen Kindern zu kommen.
Trotz meiner guten Englischnote im Abitur (ich hatte eine 2) war ich während meines Auslandsjahres in London sprachlos, als ich versuchte, Alltagsgespräche zu führen. In der Schule lernten wir Shakespeare und Gedichte zu analysieren, aber die einfache Kommunikation, die wirklich zählt, blieb auf der Strecke. Erst in London lernte ich, Englisch tatsächlich zu sprechen, im echten Leben anzuwenden und zu schätzen.
Lernen durch zwischenmenschliche Beziehungen und Musik
Eine weitere wertvolle Erkenntnis kam durch meine Leidenschaft für die Musik. Ein Lehrerwechsel für meine Flötenstunden reichte aus, um mir die Freude am Spiel zu nehmen. Ich erkannte, wie wichtig die Chemie zwischen Lehrkraft und Schüler ist. Wenn diese Beziehung nicht stimmt, geht auch die Motivation verloren.
Im Akkordeonorchester war ich die einzige Flötistin. Das war neu und ungewohnt, doch es zeigte mir, dass auch ungewöhnliche musische Konstellationen möglich sind.
Lernen in Bewegung: Das Klassenzimmer nach draußen verlagern
Heute als Lerntherapeutin bringe ich diese Erkenntnisse in meinen Unterricht ein. Lernen ist überall möglich – das versuche ich meinen Schülern zu vermitteln. Ob wir außerschulische Lernorte in der Natur wählen oder im Urlaub Neues entdecken spielt dabei keine Rolle. Viele Aha-Momente erleben wir, die nicht im Klassenzimmer passieren. Meine Schüler entdecken durch Bewegung und in der Natur eine ganz neue Motivation, lernen Mathematik zu verstehen oder vertiefen ihre Lesekompetenzen.
Lernen passiert immer und überall
Meine Erfahrungen haben mich gelehrt, dass Noten allein nicht die Qualität unserer Bildung bestimmen. Es sind die Erfahrungen, die uns wirklich prägen – die Menschen, die uns begleiten, die Orte, die wir besuchen, und die Fähigkeiten, die wir außerhalb der Schulmauern erwerben. Lernen hört nie auf, und manchmal beginnt es erst richtig, wenn wir die Klassenzimmertür hinter uns schließen und offen für außerschulische Lernorte sind.
Liebe Susanne, vielen Dank für deinen inspirierenden Einblick! Ich hatte früher übrigens auch solche Kassetten von meinem Französischbuch „Échanges“ 😉 Dein Beispiel zeigt: Mit Motivation und einer lernfreundlichen Umgebung können wir alles lernen!
Danke liebe Sabine. Genau diese Erkenntnisse, die ich in der Schule gewonnen habe, gebe ich auch immer meinen Schülern weiter. Alles ist möglich!