Du erfährst hier, warum zu viel unterschiedliche Lernförderung bei verschiedenen Therapeuten/Ansprechpersonen kontraproduktiv für dein Kind sein kann, warum Lerntherapie immer ganzheitlich ist und weshalb  Gespräche am runden Tisch mit Eltern, Schule und Therapeuten/Förderkräften so wertvoll sind.

Eltern wollen manchmal zu viel, wenn sie ihr Kind unterstützen möchten

Eltern wollen das Beste für ihr Kind und trotzdem erlebe ich in meinen Beratungen immer wieder, dass einige Kinder regelrecht durchgetaktet sind.

„Meist haben die Kinder dann noch Gitarrenunterricht, Reitunterricht, Ballett, Feuerwehrtreffen, Schwimmen und Sonstiges zusätzlich zum Förderunterricht, dann noch Ergo und Logo, plus Lerntherapie. Kein Wunder, wenn das den Kindern zu viel wird und sie dann irgendwann auch mal streiken.“

Rückmeldung einer Lerntherapeutin

Eine weitere Kollegin lässt mir folgende Nachricht zukommen.

„Immer wieder erlebe ich, dass viele Professionen an einem Kind arbeiten, ohne miteinander ins Gespräch zu gehen. Eltern agieren meistens aus der Not mit dem Motto – Viel hilft viel. In Anamnesegesprächen fällt dann auf, was alles getan wird. Häufig koordiniere ich dann das Plangespräch, um Abstimmungen zu treffen.“

Auch ich erlebe diese Situationen immer wieder. An einem Beispiel möchte ich gerne aufzeigen, warum zu viel Förderung bei unterschiedlichen Förderkräften bei Emma eher kontraproduktiv war und wie Emma wieder Freude am Lesen entwickeln konnte.

Unterschiedliche Methoden von verschiedenen Förderkräften

Aber warum ist zu viel Lernförderung nicht immer der richtige Weg? Ich möchte es an folgendem Beispiel erklären.

Emma ist 9 Jahre alt und geht in die 3. Klasse einer Grundschule. Lesen und Schreiben sind für sie sehr mühsam. Sie würde gerne so gut sein wie ihre Klassenkameraden, daher hat ihr Vater eine Lerntherapie in die Wege geleitet. Das Jugendamt übernimmt die Kosten und regelmäßig finden in der Schule Hilfeplangespräche statt. Parallel findet in der Schule Förderunterricht statt.

Die Lerntherapeutin tauscht sich daher sehr eng mit den Eltern und der Schule aus, um die Förderung abzustimmen und gemeinsam an der Lesekompetenz von Emma zu arbeiten. Sie gibt Tipps für das Üben daheim und leitet die Eltern an, auch die Hausaufgaben in der Schule werden angepasst.

Lesen üben – Schritt für Schritt zum Erfolg

Der Vater ist allerdings unsicher, ob die lerntherapeutische Förderung neben dem innerschulischen Förderunterricht in Deutsch und Mathe ausreicht, daher organisiert er nach einigen Wochen zusätzlich noch ein Konzentrationstraining für Emma und zusätzlich Brain Kinetik. Alle 2 Wochen kommt Emmas Tante und übt ebenfalls Lesen mit ihr. Emma ist so jeden Tag in einer anderen Förderung. Montags und Mittwochs in der Schule, Dienstags in der Lerntherapie, am Donnerstag kommt ihre Tante oder es findet Brain Kinetik statt und am Freitag Nachmittag fährt der Vater 60 Minuten (ein Weg) mit Emma zum Konzentrationstraining, damit Emma lernt sich im Unterricht weniger  abzulenken.

Viel üben hilft viel?!

Puh, ganz schön viel für Emma. Als sie dienstags wieder Lerntherapie hatte, ist sie extrem erschöpft und ihr fallen immer wieder die Augen zu.  Von Woche zu Woche wirkte Emma erschöpfter. Der Lerntherapeut stimmte sich regelmäßig mit der Schule ab, um beim Lesen Emma nicht mit verschiedenen Methoden zu verwirren. Während einer Lerntherapie-Stunde sagte auf einmal Emma, dass sie letzte Woche beim Konzentrationstraining auch schon Lesen geübt hätte und da hat man ihr die Buchstaben ganz anders erklärt. Auch Tante Moni macht das irgendwie anders. Die neue Förderlehrerin aus ihrer Schule empfahl  Emma einen Teil der Texte auswendig zu lernen, damit sie endlich einen ersten Erfolg hat.

Was war passiert? Hat Emma nicht jegliche Unterstützung bekommen, die sie braucht? Haben die Eltern nicht alles Mögliche in die Wege geleitet?

Warum Emma immer erschöpfter wurde

Unterschiedliche Förderkräfte bzw. Therapeuten haben mit Emma zu unterschiedlichen Tagen Lesen geübt, aber jeder mit einer anderen Methode und einem anderen Ansatz und das Schwierige war: Es gab keine Abstimmung untereinander.

Im Erstgespräch mit den Eltern wurde die schulische Förderung angesprochen. Daher hat sich der Lerntherapeut auch eng mit der Schule abgestimmt. Als nach und nach immer mehr Förderungen hinzukamen, gab es zwischen den Förderkräften keine Absprache und auch kein Wissen von den jeweils anderen. Für Emma war das alles mehr als verwirrend und so wurde aus einer gute gemeinten umfassenden Förderung ein Kampf von Emma gegen die Erschöpfung und Überlastung.

Warum hat Emma von der intensiven Förderung der verschiedenen Therapeuten nicht profitiert?

  • Die Eltern haben zu viel Lernförderung parallel in die Wege geleitet (wussten aber teilweise nicht, dass in der Konzentrationsförderung auch Lesen geübt wird)
  • Sie glaubten, dass eine Lerntherapie alleine nicht ausreichend ist und wollten Emma noch besser unterstützen
  • und waren der Überzeugung, dass aufgrund Emmas Rückstand zu ihren Klassenkameraden im Bereich Lesen jede Hilfe wichtig sei
Lernförderung fürs Lesen

Warum zu viel unterschiedliche Förderung Emma nicht geholfen hat

  • Emma wurde durch unterschiedliche Förderansätze und Vorgehensweisen verwirrt
  • Emma hatte mehrmals die Woche verschiedene Therapien, die größtenteils nicht aufeinander abgestimmt waren
  • Ihre Woche war komplett durchgetaktet
  • Es war kaum Zeit, um einmal Luft zu holen

Nach einem weiteren Hilfeplangespräch mit der Schule, dem Lerntherapeuten und dem Jugendamt, haben Emmas Eltern erstmal nur die schulische und lerntherapeutische Förderung weiterlaufen lassen. Das Konzentrationstraining und Brain Kinetik wurden unterbrochen.

6 Tipps für eine gelingende Lernförderung

Grundsätzlich ist jedes Kind ganz individuell und hat seine eigenen Stärken und Schwächen. Zu viel Lernförderung kann ein Kind mit unterschiedlichen Ansätzen verwirren, daher sind zusammenfassend folgende Dinge wichtig:

  • Schule, Lerntherapeut und Eltern arbeiten Hand in Hand
  • Regelmäßiger Austausch aller mit dem Kind arbeitenden Fachleute
  • Elterncoaching: Eltern bekommen Tipps und Anregungen, wie sie daheim weiterüben können
  • Angepasste und differenzierende Hausaufgaben, die am Lernstand des Kindes ansetzen
  • Abklärung ob alle Therapien zeitlich parallel laufen sollten oder ob eine Förderung für einen gewissen Zeitraum ausgesetzt werden kann
  • Ganz wichtig: Pausen für das Kind

Die Kooperation von Lerntherapeut*in, Eltern, Lehrkräften und ggf. weiteren Beteiligten ist ein wesentlicher Bestandteil der integrativen Lerntherapie, wobei Lerntherapeut*innen die fachliche Verantwortung tragen, Fachverband integrative Lerntherapie FIL

Tipps für Eltern: Wenn dein Kind eine LRS oder Rechenschwäche hat, erwähne im Erstgespräch mögliche weitere Förderungen, wie Ergotherapie, Logopädie oder  Förderunterricht in der Schule. Vertraue dem Lerntherapeuten deiner Wahl, er kann dir genau sagen, wie viel unterschiedliche Förderung im Bereich Lesen, Schreiben oder Rechnen für dein Kind richtig ist und welche Schwerpunkte gelegt werden sollten. Manchmal sind andere Förderungen zuerst wichtig, bevor die Lerntherapie starten kann, manchmal ist Lerntherapie aber auch genau das Richtige. Denn eine Lerntherapie ist immer ganzheitlich!

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2 Comments

  • Wow, unglaublich wie viele verschiedene Förderangebote es gibt! Bei uns geht demnächst das erste Kind in die Schule, eine super spannende Zeit ist das. Ich frage mich manchmal schon wie viele Hobbies ein Kind haben kann/darf und wieviel zu viel ist. Wenn dann noch Förderangebote dazu kommen, wird die Woche ganz schön voll.

    • Danke für dein Feedback, Regina. Ja, Freizeit zu haben ist so wichtig, man muss aufpassen, dass es nicht ein zu viel an Förderung für die Kinder wird.

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