Mutig sein auf eine ganz besondere Art: Ich war mit 6 ganz alleine in Schweden. Ohne meine Eltern, ohne ein Wort schwedisch zu können und ohne zu wissen, zu welcher Gastfamilie ich kommen werde.
Warum sich es sich immer wieder lohnt über den Tellerrand zu schauen und mutig zu sein, erfährst du in diesem Blogbeitrag. Du bekommst hier einen Einblick wie ich ich nach Schweden gekommen bin und warum mich meine mutige Reise von damals heute noch prägt.
Dieser Blogbeitrag ist Teil der Blogparade von Esther Nogler. Hier findest du noch viel mehr Beiträge zum Thema mutig sein. Esther ist Coach und Supervisorin und unterstützt Frauen, die mitten im Leben stehen und sich persönlich oder beruflich weiterentwickeln wollen.
1985 war ich das erste Mal in Schweden, mit gerade mal 6 Jahren. 2021 haben wir als Familie hier Urlaub gemacht. Eine Reise in meine Vergangenheit und das Eintauchen in wunderschöne Erinnerungen. Denn Schweden wird immer Teil meiner Kindheit sein und mich erinnern, wie ich als kleines Mädchen ohne ein Wort schwedisch trotzdem mit schwedischen Kindern leicht in Kontakt kam, schwedische Lieder lernte und jedes Jahr Ostern eine wunderbare Zeit hatte.
Diese Themen findest du in diesem Blogartikel
ToggleAls 6-jähriges Mädchen alleine nach Schweden
Es war das Jahr 1985, ich war gerade 6 Jahre alt geworden und saß in einem Zug mit Dutzenden von Kindern aus Berlin, die alle das gleiche Reiseziel hatten: Schweden. Meine Eltern und mein jüngerer Bruder blieben daheim in Berlin. Ein ganzer Zug nur mit Kindern, ein paar Betreuern und ganz viel Abenteuer im Gepäck. Auf mich wartete eine fast 24-stündige Zugfahrt in ein Land, das ich damals nicht kannte und dessen Sprache ich nicht sprach. Auch die Familie, bei der ich wohnen würde, war mir völlig unbekannt. Es gab noch kein Internet, kein WhatsApp oder Zoom Konferenzen, um sich vorher kennenzulernen.
Vermutlich denkst du jetzt: das war ja völlig verrückt. Im Nachhinein betrachtet war es das auch. Aber in so jungen Jahren so mutig zu sein, hat sich für mich gelohnt. Meine Mutter hatte mich einfach gefragt, ob ich meine Osterferien in Schweden verbringen möchte und ich hatte spontan ja gesagt. Mit gerade mal 6 Jahren.
War ich wirklich ganz alleine?
Nunja, ich hatte zig Kinder um mich herum im Zug und war nicht wirklich alleine. Die Fahrt ging fast 24 Stunden und war geprägt von diversen Passkontrollen (bei 5 Vornamen läuft das immer sehr lustig ab) und einer Reise von West-Berlin über Ost-Deutschland nach Schweden. Meine Gastfamilie holte mich in Uppsala vom Bahnhof ab und wir fuhren mit dem Auto nach Norrtälje. Ich fühle mich so wohl dort, dass ich die folgenden Jahre immer wieder dort Ostern verbrachte. 3 Wochen Schweden, Jahr für Jahr.
Auf dem Foto siehst du uns übrigens als Osterhexen - ein typischer schwedischer Brauch. Wir sind um die Häuser gezogen und haben selbst gemalte Bilder verteilt. Auch ich habe die Leute dort einfach angesprochen, ein wenig schwedisch habe ich nach und nach gelernt. Mutig sein lohnt sich, denn es gab Süßigkeiten, manchmal Geld und immer ein liebes Lächeln zurück.
Arbeiten mit einem traumhaften Ausblick
2021 war es wieder soweit. Wir sind als Familie nach Schweden gefahren. 2019 waren wir schon einmal hier und meinen Töchtern hat es so gut gefallen, dass es klar war, da müssen wir wieder hin.
Die Reise ist wirklich lang, wenn man den Landweg wählt. Aber zwischendurch hat man Momente, die man perfekt nutzen kann, um ein wenig kreativ zu sein. Es ist einfach genial, wenn man ortunabhängig arbeiten und dann noch diesen wahnsinnig tollen Ausblick genießen kann.
Ohne Mundschutz den Schweden Urlaub und das Leben genießen
Stelle dir vor, du kannst wieder ganz ohne Mundschutz einkaufen, ins Restaurant und am öffentlichen Leben teilhaben. In Schweden war das für uns im Jahr 2021 für viele Tage möglich. Mutig zu sein fühlte sich anfangs sehr merkwürdig an und war dennoch befreiend.
Besonders meine Mädels waren hellauf begeistert, den Mundschutz für einige Zeit mal beiseite zu legen. Es fühlte sich trotzdem am Anfang trotzdem irgendwie "falsch" an. Dürfen wir das überhaupt, darf ich einfach mutig sein und den Mundschutz ablegen? Es ist ein Stück Freiheit und Normalität, was ich mir für Deutschland auch bald wieder wünsche. Was sich anfangs fremd anfühlte, war dann völlig normal.
Genau das ist Schweden - farbenfrohe Holzhäuser
Ich werde bei diesem Anblick immer ganz wehmütig. Das ist für mich typisch Schweden, Holzhäuser mit einem bunten Anstrich. Das Haus, wo ich als Kind war, ist jetzt dunkelrot, damals war es orange-gelb. Aber es ist immer noch das gleiche Haus, was mich an meine Kindheit in Schweden erinnert und dafür bin ich wirklich dankbar.
Wohin ist das schwedische Bargeld verschwunden?
Es sind gerade mal 2 Jahre seit unserem letzten Schweden Urlaub vergangen, aber es hat sich zahlungstechnisch einiges hier getan. Das Bargeld ist aus dem Alltag fast ganz verschwunden. Wir haben in 10 Tagen hier zumindest keins gesehen (ein paar Münzen lagen auf dem Boden eines Waldstücks, die sind wohl jemanden aus der Tasche gefallen).
Selbst beim Kinderflohmarkt (Loppis) paar Häuser weiter, gab es keine Möglichkeit bar zu bezahlen. Die einzige Möglichkeit war über die Bezahl-App Swish, die wir allerdings nicht hatten und damit unsere schwedische Gastfamilie fragen mussten, den Betrag von 10 Kronen (ca. 1 Euro) für uns zu übernehmen. Verrückt fanden wir auch die Tatsache, dass das Taschengeld der Kinder hier auch nur noch virtuell ausgezahlt wird.
Fika - Zimtschnecken, Kekse, Kaffee und andere Leckereien
Die typische Fika am Nachmittag ist mehr als nur eine Kaffeepause und eine typische schwedische Tradition. Man nutzt sie für die Erholung zwischendurch und genießt am Nachmittag das Beisammensein mit Leckereien wie Zimtschnecken, Keksen, Torte und natürlich Kaffee. Wenn Kinder dabei sind, gibt es meistens auch Eis. Wir haben jeden Tag unsere Fika genießen dürfen. Entweder in Norrtälje oder auf dem Boot. Außerdem waren wir in Stockholm bei den Kindern meiner Gastmutter eingeladen. Es war einfach wunderschön, alle einmal wiederzusehen. Die Kinder haben sich mit einem Kauderwelsch aus schwedisch, englisch und deutsch unterhalten. Und wenn alle auf dem Trampolin im Garten hüpften, dann war die Sprache völlig zweitrangig und das war wunderbar zu erleben.
Wasser ohne Ende und ein wenig Anglerglück
Norrtälje ist umgeben von unendlich viel Wasser. Aber wo sind wir hier überhaupt? Norrtälje ist die "Hauptstadt" von Roslagen und liegt ca. 80 km nördlich von Stockholm.
Wusstest du, dass in den Schären von Roslagen 13.000 Inseln gibt? Es ist unglaublich, wie man da den Überblick behalten kann. Wir waren 2x an der gleichen Insel (danke an den Gastvater, der sich in den Schären so gut auskennt) und hatten tatsächlich Glück und ein paar Fische gefangen. Für mich zählt neben dem Angeln einfach die Ruhe und das Plätschern des Wassers. Es ist so unheimlich erholsam hierher zu kommen und ich genieße diese Momente in vollen Zügen. Ein Schweden Urlaub wie er im Bilderbuch steht: Sommer, Sonne, Boot, Fische und um uns herum nur Wasser.
Wenn mich ein Tunnel fasziniert
Ich hätte nicht gedacht, dass ich in meinem Blogpost über meinen Schweden Urlaub einen Tunnel erwähne, aber dieser hat mich fasziniert und ist sogar in Reiseführern zu finden.
Der Tunnel ist auf der Fernstraße Richtung Stockholm, (Södra Länken), es ist die Ausfahrt Nynäsvägen östlich. Ich finde Tunnel grundsätzlich langweilig, aber dieses Licht und das Design haben es mir angetan.
Stockholm
Natürlich steht auch immer eine Reise nach Stockholm auf dem Programm. Der Tunnel war nicht die einzige Attraktion:-)
Diesmal haben wir öffentliche Verkehrsmittel gemieden. Der sonst so praktische Bus war inmitten der Pandemie keine Alternative für uns. Der Verkehr hielt sich aber erstaunlicherweise in Grenzen - vermutlich lag das aber auch an unserem Gastvater, der alle Schleichwege kannte, um staufrei das Ziel zu erreichen.
Auch beim Parken wurde wieder klassisch mit Handy gezahlt (gibt es in Deutschland natürlich auch), aber so völlig bargeldlos im kompletten Schweden Urlaub war doch sehr ungewöhnlich. Ich liebe Bargeld. Ich liebe es andere Währungen zu sehen und die Motive der Geldscheine zu entdecken (z.B. Astrid Lindgren auf dem 20 Kronen Schein). Aber unsere Reise sollte komplett bargeldlos bleiben.
Stockholm hat so viele Sehenswürdigkeiten, alle an einem Tag sind nicht machbar. Wir waren den ganzen Tag in Skansen, einem Freilichtmuseum mit vielen nordischen Tieren, aber auch über 100 Bauten aus vergangenen Zeiten: Bauernhöfe, einer Kirche, mehreren Handwerker-Werkstätten und vieles mehr. Der Streichelzoo Lill-Skansen ist auch absolut empfehlenswert.
Auch die Aussicht über ganz Stockholm lohnt sich.
Gab es in Schweden auch einen Lockdown? Waren die Schulen offen?
Natürlich unterhalten wir uns auch ein wenig über das schwedische Schulsystem, denn meine Gasteltern sind beide Lehrer (inzwischen in Rente). Die Schulen waren die ganze Zeit über offen, es gab keine Schulschließungen wie bei uns. Immer wieder las ich in der Presse von dem ungewöhnlichen Weg Schwedens (auch das gehört für mich zum "mutig sein").
Ein paar Dinge sind in Schweden anders:
- Noten gibt es erst ab Klasse 6
- die gemeinsame Schulzeit dauert 9 Jahre, danach beginnt das 3jährige Gymnasium
- es wird viel mehr Teamarbeit in Schweden praktikziert, sowohl bei den Lehrern, als auch den Schülern
- was mich richtig fasziniert hat, jeder Lehrer hat einen eigenen Arbeitsplatz und das war auch schon vor 30 Jahren so
- Die Schulen sind kostenlos, auch die Lernmittel für die Schüler. In den Grundschulen sind auch die Schulmahlzeiten und Schultransporte gratis. Manchmal gilt das auch fürs Gymnasium
Es wird in Schweden viel mehr Wert auf Chancengleichheit gelegt. Wer individuelle Förderung benötigt, bekommt sie auch - in der Schule. Mich begeistert das und ich es zeigt mir, dass Schule in anderen Ländern anders läuft und wir uns die positiven Aspekte viel stärker abschauen sollte. Multiprofessionelle Teams ist ein Aspekt und dafür werde ich mich hier vor Ort weiterhin einsetzen.
Zum Abschluss unserer Reise gab es noch ein traditionelles Krebsessen mit Partyhütchen:-)
Mutig sein lohnt sich
Warum schreibe ich über Schweden?
Ich bin überzeugt, dass ich durch die Zeit in Schweden als kleines Mädchen viel offener für andere Kulturen, Sprachen und Länder geworden bin. Wann immer etwas nicht so gut läuft, bin ich viel entspannter, denn ich bin ganz alleine nach Schweden gefahren. Egal, was kommt, ich schaffe das. Ich habe auch gelernt, ungewöhnliche Wege zu gehen und die helfen mir auch in der individuellen Förderung von meinen Schülern. Denn nicht immer gibt es nur eine Lösung oder einen Plan B. Manchmal muss man völlig neue, auch ungewöhnliche Wege gehen und um diese zu beschreiten, gehört Mut dazu.
Möchtest du auch mal nach Schweden? Oder warst du vielleicht auch als Kind im gleichen Zug wie ich? Dann kommentiere doch gerne unter dem Blogpost oder schreibe mir unter kontakt@lerntherapie-vs.de
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Liebe Susanne,
was für ein schöner Artikel űber dich und deine Erfahrungen mit Schweden. So cool, dass du als Kind sogar alleine dort warst.
Mich hat die Liebe nach Schweden verschlagen. Ich bezeichne mich immer als Teilzeit-Schwedin, weil ich mich noch nicht komplett getraut habe, auszuwandern.
Vielkeicht laufen wir uns ja mal über den Weg 🙂
Hejdå, Simone
Liebe Simone, ich bin so dankbar, dass ich immer noch Kontakt zu meiner Gastfamilie von damals habe. Es ist mein zweites Zuhause dort. Bis bald mal in Schweden!
Hej Susanne,
Ich wollte eine Zeit lang nach Schweden auswandern. Jetzt ist es Kenia geworden, tja.
Ich finde es ja unglaublich, dass du mich sechs alleine da hingefahren bist. Mein Sohn ist sieben, der würde sich das nie und nimmer trauen, glaube ich.
Die Fika mache ich auch hier in Kenia regelmäßig mit meiner Familie.
Und wie schön, dass du immer noch Kontakt mit deiner Gastfamilie hast. Da lernen deine Kinder das Land ja wirklich von der Alltags-Seite kennen.
Vielen Dank für deinen schönen Beitrag, der ein bisschen Schweden-Weh bei mir ausgelöst hat!
Liebe Grüße,
Laura.
Wow! Was für ein Mut, mit 6 Jahren quasi alleine nach Schweden zu reisen! Ich bin mal mit 12 alleine in eine Skifreizeit gefahren. Mit Kindern die ich nicht kannte. Ich habe mich soooo elend gefühlt wie nie in meinem Leben. Ob man mich mit 6 nach Schweden hätte schicken können? Ich glaube nicht. Dazu war ich viel zu ängstlich, unsicher und schüchtern. Deshalb finde ich Deine Geschichte so unglaublich toll. Danke fürs Teilen!
Liebe Grüße,
Marita
Danke für deinen lieben Kommentar. Ich glaube mit 6 ist man einfach mutig und vertraut, dass es eine schöne Reise nach Schweden wird und man taucht ohne Angst in das Abenteuer ein. Mit 12 fängt man an, viel mehr darüber nachzudenken, was einen erwartet. Ich hatte einfach auch unheimlich Glück in eine so wunderbare Gastfamilie zu kommen.
Das ist wirklich eine beeindruckende Geschichte! Schon mit 6 Jahren so mutig zu sein, allein nach Schweden zu reisen, ist etwas, was viele sich nicht trauen würden – auch nicht als Erwachsene. Es zeigt, wie prägend solche Erlebnisse in der Kindheit sein können. Dein Mut, offen für neue Kulturen und Erfahrungen zu sein, hat dich sicherlich in vielen Bereichen deines Lebens gestärkt. Danke, dass du diese inspirierende Geschichte teilst!